Baumhaus Größe und Gewicht
Du bist hier: Home / Anleitung – Baumhaus Bauen /
Du willst dein Baumhaus selbst bauen und bist dir nicht sicher, wie groß und wie schwer es werden darf?
Wenn du noch wenig Erfahrung im Holzbau hast, kann es schwierig sein, die mögliche Größe eines Baumhauses einzuschätzen. Trotz aller Baumhaus-Gaudi sollen sich Familie, Freunde und Kinder in luftiger Höhe sicher fühlen und der Baum darf nicht überlastet werden!
Als Bauingenieur, gelernter Zimmermann und Baumhausbauer kann ich dir mit meiner praktischen Erfahrung weiterhelfen. Anhand von einfachen Beispielen und Faustformeln zeige ich dir, wie du die Statik von Baum und Haus besser verstehen kannst. Ziel ist es, eine geeignete Tragkonstruktion und die richtige Befestigung zu finden.
Einleitung – Wie der Baum mit einem Haus umgeht:
Ein Baumhaus ist für einen Baum wie ein großer Rucksack für einen Menschen – Gesundheit, Statur und Umgebung bestimmen, wie groß und wie schwer der Rucksack sein darf, damit der Mensch sich noch frei bewegen kann. Trägt man den Rucksack eine Weile, gewöhnt sich der Körper an das Gewicht, und baut gezielt Muskeln auf.
Ähnlich verhält es sich bei einem Baum: Er spürt das Baumhaus und bildet an den wichtigen Stellen extra starkes Holz. Richtig dimensioniert werden Baum und Baumhaus eine lebenslange Symbiose eingehen!
1. Tragkraft Baum – Hält mein Baum?
Bäume können unglaubliche Lasten tragen!
Holz hat eine durchschnittliche Druckfestigkeit in Faserrichtung von ca. 2 kN/cm², das entspricht 200 kg/cm². Ein runder, gerade gewachsener Baumstamm mit einem Durchmesser von ø 40 cm kann also theoretisch eine Last von 1256 cm² × 200 kg = 251,2 Tonnen tragen.
Die Tragfähigkeit des Baumes ist offensichtlich ausreichend. Begrenzende Faktoren für die Größe des Baumhauses sind:
- die einzelnen Befestigungsmittel und ihre maximale Tragfähigkeit
- die Baumart (d. h. die Festigkeit des Holzes im Bereich der Befestigung; Hart- oder Weichholz)
- der Durchmesser des jeweiligen Baumes, der bestimmt, wie viele Befestigungen angebracht werden können
2. Baumhaus Gewicht – Flächenlast pro m²
Damit wir wissen, wie stark die einzelnen Befestigungen belastet werden, müssen wir zuerst das Gewicht des Baumhauses berechnen. Das Gesamtgewicht des Baumhauses setzt sich zusammen aus:
Eigengewicht
Die Summe aller festen, statischen Teile des Hauses: Holzbalken, Bretter, Dachdeckung, Fenster, Möbel, Schrauben, …
Verkehrslast
Die Summe aller sich bewegenden Teile: Menschen und Tiere. Stell dir folgendes Szenario vor: bei einer Party gehen alle deine Freunde aufs Baumhaus und posieren alle auf einer Seite für ein Foto … „Und auf 3 bitte alle springen!“ Das ist Verkehrslast – das muss dein Baumhaus aushalten.
Windlast
Die Wände deines Baumhauses wirken wie ein Segel. Je höher dein Haus im Baum ist, desto stärker ist die Windlast, und desto größer ist gleichzeitig der Hebelarm – je höher also dein Haus im Baum ist, desto kleiner sollte es also sein!
Der Baum und die Befestigungsmittel mögen keine Torsion: Um Drehbewegungen zu vermeiden, baue dein Baumhaus möglichst gleichmäßig um den Stamm.
Schneelast
Achte auf die Schneelast in alpinen Regionen, sie kann über 500 kg/m² betragen! Plattformgröße und Dachneigung sollten entsprechend angepasst werden.
Diese Lasten müssen vom Tragwerk aufgenommen und über den Baum und seine Wurzeln in den Boden abgeleitet werden. Die Lasten sind möglichst gleichmäßig auf die einzelnen Befestigungspunkte zu verteilen.
Im folgenden Beispiel liegt das Haus und damit die Hauptlast auf einer Seite des Baumes. Um diese Last sicher aufzunehmen, wird das Tragwerk aus Dreiecken mit massiven Baumschrauben aufgebaut:
Die größte und für uns interessanteste Last ist natürlich die Eigenlast des Hauses:
Faustformel – Eigenlast von drei Baumhaustypen:
[kg / m²]
(< 15 m² incl. Terrasse)
- Sehr leichte Bauweise
(10 - 25 m² incl. Terrasse)
- Leicht gedämmt
- wertige Dachdeckung
- Glasfenster
(15 - 40 m² incl. Terrasse)
- Dicker Wandaufbau
- Hervorragend gedämmt
- Sanitäranlagen
- Schwere Fenster
(Die Werte dienen zur groben Abschätzung und beinhalten: Unterkonstruktion, Plattform, Geländer und Haus)
Beispiel – Eigengewicht von Baumhaus berechnen
Nach obiger Tabelle wiegt ein „Bewohnbares Baumhaus“ mit 10 m²:
10 m² × 125 kg/m² = 1250 kg
3. Grundregeln der Lastverteilung
Nach Abschätzung des Baumgewichtes (Eigen- & Verkehrslast) und der Belastungssituation (Wirkung von Wind- & Schneelast) gilt es, die Lasten möglichst sinnvoll auf die Bäume zu verteilen.
Beim Bau in mehreren Bäumen der gleichen Baumart gilt:
- Großer Baum – große Last – viele Befestigungen (z. B. Baumschrauben)
- Kleiner Baum – kleine Last – wenige Befestigungen
- Der stärkste Baum ist der Fixpunkt, da er sich am wenigsten bewegt.
Unterschiedliche Baumarten – Hartholz vs. Weichholz:
Wenn du dein Baumhaus zwischen mehreren Bäumen verschiedener Holzart baust, so ist nicht nur der Stammdurchmesser entscheidend, sondern auch die Belastbarkeit der einzelnen Befestigungsmittel! Baumschrauben z. B. tragen in Hartholz etwa doppelt so viel wie in Weichholz!
Beispiel – Belastbarkeit von Baumschrauben abhängig von Baumart
Wir bauen ein 6 Tonnen schweres Baumhaus zwischen zwei Bäumen:
- Buche ø 50 cm
- Fichte ø 70 cm
Zur Befestigung verwenden wir pro Baum 2 x Baumschraube GTS Allstar; eine Schraube trägt in Buchenholz ca. 4 to, in Fichtenholz nur ca. 2 to.
Die kleinere Buche kann also eine hohe Last von 8 to tragen, während die dickere Fichte maximal 4 to tragen sollte. Das Hauptgewicht (Haus) sollte also in Richtung Buche positioniert werden.
4. Lastverteilung – Wer trägt wie viel?
Da Bäume wild wachsen und ihre Äste in alle Richtungen gebogen sind, ist es selten möglich, das Haus genau mittig und ausbalanciert im Baum zu platzieren. Oft will man auch vermeiden, dass Äste die Hülle des Hauses durchdringen und das Haus lastet einseitig neben dem Baumstamm.
Uns interessiert: Wohin fließt die Last? Welcher Baum wird am stärksten belastet? Welches Tragwerk und welche Befestigungs-Methode sind am besten geeignet, diese Last aufzunehmen?
Das folgende Beispiel zeigt die Konstruktion eines Baumhauses zwischen zwei Bäumen. Anhand dieses einfachen Beispiels lernst du Schritt für Schritt, die Lasten zu berechnen und die perfekte Befestigung zu finden.
Schritt 1: Der Grundriss
In unserem Beispiel haben wir zwei Fichten ø 40 und ø 60 cm; und eine quadratische Plattform von 4 × 4 m, die leicht nach rechts unten auskragt (überhängt).
Wir wollen nun untersuchen, wie viel Gewicht auf den einzelnen Bäumen lastet.
Schritt 2: Mittelgerade finden
Die Mittelgerade ist die Trennlinie der Lasteinzugsflächen. Sie zeigt uns, welcher Flächenanteil der Plattform auf welchen Baum wirkt; das wird grafisch ermittelt:
- verbinde die Baumstämme mit einer geraden Linie
- zeichne die Mittelgerade dieser Linie ein (gelbe Linie: am Mittelpunkt eine lotrechte Trennlinie)
- Was du jetzt siehst, sind die Flächen, die der jeweilige Baum zu tragen hat …
Schritt 3: Lasteinzugsflächen in m²
- Die Fläche unserer Plattform beträgt 4 m × 4 m = 16 m²
- Die Lasteinzugsfläche des linken, kleinen Baumes beträgt ca. 6 m²
- Die des rechten, großen Baumes beträgt ca. 10 m²
Schritt 4: Das Baumhaus auf die Plattform stellen
Nun positionieren wir unser Baumhaus auf der Plattform – in diesem Beispiel der Einfachheit halber in der Mitte.
Hier wird deutlich:
- Würde das Haus im grünen Bereich stehen, müsste der „kleine Baum“ die Hauptlast tragen.
- Würde das Haus im orangen Bereich stehen, müsste der „große Baum“ die Last tragen.
Schritt 5: Berechnung der Gesamtlast
Nun berechnen wir mit unseren Faustformeln (siehe oben) die zu erwartende maximale Belastung unseres Baumhauses.
Diese extreme Spitzenbelastung tritt wahrscheinlich nur alle paar Jahre auf – aber dann muss die Baumhauskonstruktion standhalten!
Daten von Beispielbaumhaus:
- Gesamtfläche = 16 m²
- Das Baumhaus steht mittig auf der Plattform (Typ „Bewohnbares Baumhaus“; 10 m²) = Eigenlast
- Darin befinden sich 6 lustige Erwachsene, die alle einen Liter Bier trinken (70 kg + 1 kg) = Verkehrslast
- Es ist Winter und es liegt viel Schnee (100 kg/m²) = Schneelast
Beispiel – Baumhausgewicht berechnen:
Formel für das Gesamtgewicht des Baumhauses in [kg]:
Last [kg] = Fläche [m²] x Flächenlast [kg/m²] (+ sonstige Lasten [kg])
Die Flächenlast ist die Summe der Einzellasten (Eigenlast + Verkehrslast + sonstige Lasten).
- Eigenlast Baumhaus [kg] = 10 m² × 125 kg/m² = 1250 kg
- Eigenlast der restlichen Plattformfläche [kg] = 6 m² × 30 kg/m² = 180 kg
- Verkehrslast „Lustige Menschen“ [kg] = 6 × 71 kg = 426 kg
- Schnee [kg] = 16 m² × 100 kg/m² = 1600 kg
Gesamtgewicht Baumhaus [kg] = 1250 kg + 180 kg + 426 kg + 1600 kg = 3456 kg
Schritt 6: Verteilung der Belastung auf die Bäume
Mit dem Gesamtgewicht und den Einzugsflächen kann die Belastung der einzelnen Bäume berechnet werden.
- Auf dem großen Baum lastet: (10 m² / 16 m²) x 3456 kg = 2160 kg
- Auf dem kleinen Baum lastet: (6 m² / 16 m²) x 3456 kg = 1296 kg
SICHERHEITSFAKTOR (SF >2)!
Im nächsten Schritt wählen wir die geeignete Befestigungsmethode.
Dabei sollte unbedingt mit dem Sicherheitsfaktor > 2 gerechnet werden, d. h. zum Beispiel für den großen Baum:
Statt 2160 kg nehmen wir die doppelte Last von 4320 kg an, so sind unsere Berechnungen immer auf der sicheren Seite. Dann können auch Orkanstürme und wilde Partynächte deinem Baumhaus nichts mehr anhaben.
5. Wahl der geeigneten Verbindungsmittel
Nun geht es darum, eine Befestigungsmethode zu finden, die deine Plattform sicher trägt. Hierfür gibt es oft mehrere gute Lösungen und Kombinationen. Unsere Baumhaus-Schraube GTS Allstar eignet sich z. B. hervorragend für unser Beispielprojekt.
Verwenden wir pro Baum zwei Schrauben, beträgt die maximale Belastung einer Schraube:
“Großer Baum”:
2160 kg / 2 GTS-Schrauben = 1080 kg
1080 kg x SF2 = max. 2160 kg / Schraube
Die Tragfähigkeit einer einzelnen GTS Allstar beträgt ca. 2 Tonnen in Fichte (Weichholz). In Kombination versteifen sich die Schrauben, sodass zwei zusammenwirkende Schrauben ca. 5 Tonnen Last in Fichte aufnehmen können – unser Beispiel Baumhaus wird also sicher getragen!
Nun zeigen wir dir zwei Möglichkeiten, wie du die Plattform mit unserer GTS Allstar verankern kannst:
Variante 1: Parallelträger (Dynamic-Set)
Analyse:
Dies ist der Klassiker unter den Baumhauskonstruktionen. Allerdings wäre das Ganze hier etwas wackelig, da Plattform und Haus seitlich weit über die Träger hinausragen.
Würden nun z. B. alle 6 Bierfreunde für ein Foto in der rechten unteren Ecke posieren, so würde die Plattform ins Wanken geraten. Die Konstruktion würde zwar sicher standhalten, aber zu viel Wackeln ist unangenehm und belastet auf Dauer die Verbindungsmittel!
Ein weiterer Nachteil:
Bei einem Durchmesser von ø 40 cm (small tree) haben zwei gegenüberliegende GTS Allstar unter Umständen zu wenig Platz. Ist der Durchmesser an dieser Stelle doch etwas kleiner, z. B. weil der Stamm oval statt rund ist, so könnten sich die Schrauben in der Mitte berühren – das wollen wir auf jeden Fall vermeiden!
Variante 2: Dreieck-Konstruktion (V-Bracket-Set)
Analyse:
Bei unserem Beispiel ist eine Dreieckkonstruktion perfekt! Die Schrauben liegen sauber untereinander (siehe Bilder unten), so dass auch ein kleiner Stammdurchmesser kein Problem darstellt. Dank der V-Bracket können die Dreiecke zur auskragenden Plattformseite hin geöffnet werden. So wackelt garantiert nichts und die Lasten werden perfekt in den Baum eingeleitet.
6. Zusammenfassung – Baumhaus und Baum im Einklang!
Baumhausbau ist Leichtbau, nicht weil die Bäume zu schwach sind, sondern weil die Befestigungspunkte nicht überlastet werden dürfen! Vermeide deshalb von vornherein schwere Materialien wie Steinplatten, riesige Fensterflächen mit Dreifachverglasung, schwere Tropenhölzer, Stahlskulpturen und Milchkühe.
Wähle den „Rucksack“ lieber eine Nummer kleiner – du kannst das Baumhaus später immer noch erweitern, wenn sich der Baum an die neue Belastung gewöhnt hat!
Reize die Belastungsgrenzen deiner Befestigungen nie ganz aus – arbeite immer mit einem Sicherheitsfaktor > 2! Dieser berücksichtigt mögliche Fehler im Holz und außergewöhnliche Belastungen wie heftige Stürme, Nassschnee oder zu viele Partygäste.
Wenn du dir bei den Themen Statik, Lasten und Konstruktion unsicher bist oder ein öffentliches Projekt planst, hole dir auf jeden Fall die Hilfe eines Ingenieurs oder Zimmermeisters.