Woodworker turning Treehouse Screw GTS into living tree

Sind Schrauben und Nägel schädlich für den Baum?

Schritt 6: Sind Schrauben und Nägel schädlich für den Baum?

In aller KĂĽrze:
✔ Einzelne Schrauben und Nägel töten den Baum nicht
✔ Bäume umwachsen Fremdkörper und integrieren sie dauerhaft
âś” Der Baum muss gesund sein und eine gute Wundheilung haben
âś” Es gibt speziell fĂĽr den lebenden Baum entwickelte Baumschrauben

Schaden am Baum durch falsche Befestigung? Schraube, Nagel, Gewindestange oder TAB - was ist langfristig die beste Lösung?

Wenn du etwas an einem Baum befestigen möchtest, zum Beispiel ein kleines Schild, ein Vogelhaus, einen Schaukelbalken oder, wie in unserem Fall, ein ganzes Baumhaus, dann hört man häufig:

„Schrauben schaden dem Baum! Ein einziger Kupfernagel und der ganze Baum stirbt ab!"

Viele Menschen haben verständlicherweise Angst davor, ein Stück Stahl in einen lebenden Baum zu schrauben, weil sie denken, der Baum wird irreversibel beschädigt.

Aber ist ein kleines Loch wirklich eine Gefahr für den ganzen Baum? Wie verträgt der Baum den Fremdkörper Stahl? Sind Spanngurte oder Klemmmethoden die bessere Alternative? Hier gehen wir näher auf die Bedenken ein:

Bislang gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Stahl, Edelstahl, Kupfer oder Aluminium einem Baum schaden oder ihn durch Rost & Co. „vergiften“.

1. Bedenken: Der Baum stößt Fremdkörper ab?

Der lebende Beweis

Es gibt wohl nur wenige Orte, an denen man das Zusammenspiel von Stahl und lebenden Bäumen besser beobachten kann als im Out’n’About Treehouse Resort mit seinen 15 Baumhäusern, dem riesigen Kletterwald, Hängebrücken, Ziplines und insgesamt über 50 Plattformen. Der legendäre Ort in Oregon, USA, ist der Ursprung und gleichzeitig eine Art Museum des modernen Baumhausbaus.

Seit über 30 Jahren werden dort die unterschiedlichsten Befestigungsmethoden am Baum ausprobiert: Gewindestangen, Stahlträger, Zangenkonstruktionen mit Holzbalken, Seilbefestigungen, … dort wurden auch die ersten modernen Baumhausbolzen entwickelt: „Garnier Limb“ und „Treehouse Attachment Bolt TAB“.

Hier seht ihr die ersten Versuche von Baum-Befestigungen für Baumhäuser:

Holzbalken direkt am Baum

Einen Balken direkt an den Baum zu schrauben, erwies sich schnell als schlechte Idee, da sich an den Kontaktstellen Wasser sammelt und der Balken faulen und brechen kann. AuĂźerdem wird der Baum am Wachstum gehindert.

Stahlträger am Baum

Auch mit Stahlträgern haben die Baumhauspioniere viel experimentiert. Der Baum integriert die komplizierte Form der Träger zwar geschmeidig in den Stamm. Aber auch hier wird der Baum großflächig am Wachstum gehindert und es entstehen gefährliche Sollbruchstellen.

Die ersten Baumhaus-Bolzen

Als Lösung wurden die ersten professionellen Baumschrauben (Garnier Limb & Treehouse Attachment Bolt TAB) entwickelt. Bei enormer Tragkraft halten sie gleichzeitig die Baumhauskonstruktion auf Abstand, sodass der Baum ungestört wachsen kann - die Geburtsstunde des modernen Baumhausbaus!

Wer genau hinschaut, entdeckt überall, wie Bäume mit Hindernissen umgehen - sie wachsen einfach drumherum, umhüllen die Fremdkörper und machen sie zu einem Teil ihres Lebens. Natürliche Integration in Perfektion!
Baumhausbau Fehler Mängel Schäden

Dickenwachstum

Bäume wachsen jährlich zwischen 3 bis 15 mm in die Breite, was an den Jahresringen gut zu erkennen ist. Durch dieses Dickenwachstum kann der Baum Fremdkörper regelrecht „verschlucken“. Er erkennt, welches Holz an einer Wunde benötigt wird und passt sich der neuen Belastung an.

Der Baum stößt den Fremdkörper nicht ab, sondern passt sich der Form an und integriert die Stahlteile problemlos in seinen Holzkörper!

2. Bedenken: Nägel & Schrauben verletzen den Baum?

Reaktion auf Wunden

Bei „verletzenden“ Befestigungsmethoden wie Baumschrauben wird zunächst ein Loch in den Baum gebohrt, in das die Schraube fest eingedreht wird.

Für Bäume sind solche Verletzungen nichts Ungewöhnliches - seit Jahrmillionen haben sie sich darauf spezialisiert, mit Astungswunden, Kronenbrüchen, Blitzeinschlägen oder Steinschlägen und anderen Wunden umzugehen.

Gesunde Bäume reagieren sofort: Sie lagern Harze und Öle ein, um die Wunde zu versiegeln und gegen Fäulnis abzuschotten. Anschließend wird die Wunde mit speziellem Reaktionsholz umwachsen.

Ăśber das Bohrloch treten Pilzsporen ein / aus?

Durch Bohrlöcher am Baum können Pilzsporen in den Baum eindringen oder aus dem Kern nach außen gelangen. Bei der Montage einer Baumschraube sollte daher das Werkzeug gründlich desinfiziert und das Bohrloch mit der Schraube schnell verschlossen werden.

Auch hier gilt: Der Baum kennt solche Verletzungen und reagiert nach dem CODIT-Prinzip (Compartmentalization Of Damage In Trees - Alex Shigo):

Der Baum bekämpft den Pilzbefall aktiv. Bei offenen Wunden reagiert er zunächst auf das Eindringen von Luft (Luftembolie) und schützt sich dann vor Fäulnis, indem er Abschottungswände aus antifungalen Substanzen bildet.

Wundheilung verschiedener Baumarten

Unter Wundheilung versteht man die Fähigkeit eines Baumes, eine Verletzung durch Abschottung, Überwallung und Bildung von Reaktionsholz zu überwinden. Verschiedene Baumarten reagieren unterschiedlich auf offene Wunden und Verletzungen:

✔✔ Gesunde Bäume mit effektiver Wundheilung: Hier können größere Eingriffe wie das Bohren von Löchern für Baumschrauben i. d. R. problemlos durchgeführt werden.

✔ Gesunde Bäume mit guter Wundheilung: Diese Bäume verkraften größere Verletzungen i. d. R. auch sehr gut.

? Gesunde Bäume mit mäßiger Wundheilung: Diese Bäume sind auch für die Montage von Baumschrauben geeignet – Wunden können zum Teil stark harzen oder leicht aufklaffen und der Heilungsprozess dauert i. d. R. etwas länger. Hier also nicht zu viele Schrauben setzen.

❌ Bäume mit schlechter Wundheilung: Diese Bäume eignen sich nicht für verletzende Befestigungen und sollten in Ruhe gelassen werden, hier sind andere, Befestigungstechniken vorzuziehen.

Bäume mit effektiver Wundheilung

✔✔ Ahorn (Acer spp.)
✔✔ Edel-Kastanie (Castanea sativa)
✔✔ Eiche (Quercus spp.)
✔✔ Hainbuche (Carpinus betulus)
✔✔ Linde (Tilia spp.)
✔✔ Mammutbaum (Sequoiadendron spp.)
✔✔ Platane (Platanus×hispanica)
✔✔ Rotbuche (Fagus sylvatica)
✔✔ Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera)

Ein gesunder und kräftiger Baum lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen - dank seiner großen Energiereserven übersteht er Verletzungen und andere Extremsituationen problemlos.

3. Bedenken: Der Baum leidet langfristig unter einem Baumhaus?

Ein Baumhaus schadet dem Baum?

Ganz im Gegenteil! Eine weltweite Umfrage Quelle: Bachelorarbeit Onja Johannes Hardorp, 2017, HNE Eberswalde unter 18 professionellen Baumhausbauern (u. a. Pete Nelson, Alain Laurens, Andreas Wenning) zeigt:

Von 2.253 Baumhäusern führten nur zwei zum Absterben des Baumes – weniger als 1 Promille!

Baumhaus-Profi Johannes Schelle schwärmt sogar von seinem 13 Jahre alten Baumhaus (siehe Bild) – seine beiden Bäume, Buche und Linde, blühen immer 2 Wochen länger als alle anderen im Garten.

Klar ist: Wer den richtigen Baum wählt und das Baumhaus baumschonend am Baum befestigt, hat nichts zu befürchten!

Profi Baumhaus-Befestigungen

Der lebende Beweis

Diese Sorge verliert sich, wenn man weiß, wie anpassungsfähig und widerstandsfähig ausgewachsene Bäume (ø > 30 cm) sind. Wer die schwierigen Jahre des Wachstums überstanden hat, beweist bereits enorme Überlebenskraft.

Bäume begegnen im Laufe ihres Lebens vielen Herausforderungen – von extremen Wetterereignissen wie Dürren, Stürmen, Hagel oder Frost bis hin zu menschlichen Eingriffen wie Bodenverdichtung, Wurzelschäden oder unsachgemäßen Rückschnitten.

Doch dank großer Energiereserven aus Kohlenhydraten und Fetten sowie einer Struktur, die weit über den täglichen Belastungen liegt, können vitale Bäume solche Extremsituationen gut verkraften. Kein Wunder, dass sie zu den ältesten Organismen der Erde gehören!

Bäume sind wahre Meister der Überlebenskunst und passen sich schnell an neue Situationen an: Baumhäuser sind ein Paradebeispiel dafür!

4. Fazit – Es kommt auf die richtige Technik an

Falsch befestigt – der Baum MUSS wachsen können!

Wir verstehen die ersten Bedenken nur zu gut – auch wir hatten anfangs Hemmungen, einen Baum anzubohren, und suchten nach „verletzungsfreien“ Alternativen zur Baumhausbefestigung. Früher setzten wir, wie viele andere Baumhausbauer und Kletterwaldbetreiber, auf Stahlringe, und Klemm-Balken, um den Baum zu schonen.

Doch wir alle anderen mussten etwa 10 Jahren später feststellen: Diese Methoden sind alles andere als nachhaltig, da Bäume erstaunlich schnell in die Breite wachsen (3 - 15 mm Jahresringbreite).

Die Langzeit-Folgen? Abgequetschte Stämme, unterbrochene Nährstoffversorgung, gefährliche Sollbruchstellen – und obendrauf teure Wartungsarbeiten und unzufriedene Kunden.

Baumhaus Bausatz Hängebrücke

Die moderne Lösung: Baumschrauben

Wie befestigt man eine schwere Konstruktion am Baum, ohne ihm zu schaden?

Dafür muss man langfristig zu denken: Wir brauchen eine Befestigungstechnik, die enorme Lasten trägt und dem Baum trotzdem erlaubt, ungehindert in die Breite zu wachsen.

Die Lösung: sogenannte Baumschrauben

Dank der Pioniere aus den USA Michael Garnier, Pete Nelson, Charles Greenwood, … wissen wir genau, dass Bäume und Baumschrauben auch über Jahrzehnte perfekt harmonieren.

Alles was es braucht, ist ein gesunder, ausreichend dicker Baum!

Baumschrauben sind nach dem heutigen Stand der Technik die nachhaltigste, sicherste und wartungsärmste Methode zur Baumhausbefestigung.

Vitus Wahlländer - TheTreehouse.Shop